2017-11-09

Die Geschichte der „ROTHSCHILD’s“


Start unserer ANNO-Reihe „Auf den Spuren der Rothschild´s“, die sich mit den deutschen Bankiers und Industriellen Rothschild in Europa, Schwerpunkt auf Österreich, befasst. Wir werden die Begebenheiten und Skandale rund um die Rothschilds deren Banken, Eisenbahnen, Kohle- und Eisenminen beleuchten, welche ein „Perpetuum mobile“ des Geldes und der Macht auf Staaten, Wirtschaft und Politik schufen. Bis heute!

Auf den Spuren der Rotschilds

Aus den denkbar armseligsten Verhältnissen hat sich eine Frankfurter Judenfamilie in einer Weise emporgearbeitet, daß sie schon in ihrer zweiten Generation eine unglaubliche Machtfülle vereinigt hat. Der Gründer des Hauses, Maier Amschel, frühzeitig verwaist, wurde anfangs zu Fürth für die Rabbinerlaufbahn ausgebildet. 1779 konnte er das Haus Nr. 26 in der Judengasse in Frankfurt mieten oder kaufen, zwei Stockwerke hoch, mit je einem Zimmer auf die Gasse und in den Hof. Erst jetzt besaß Amschel Maier einen Geschäftsladen, äußerlich gekennzeichnet durch ein rotes Schild. Das kleine Haus bevölkerten neun Kinder, seit 1780 mit zwei Schwiegertöchtern und Anhang. Als Kaiser Josef II. am 13. Oktober 1781 das Toleranzedikt erließ, nannte sich Amschel Maier „Rothschild“.


Stammhaus zum Rothen Schild (1869)

Die Firma M. A. Rothschild & Söhne entstand, als nach dem Frieden von Luneville 1801 der Landgraf Wilhelm IX. in Hanau Maier Amschel zum Oberhoflieferanten und dessen verheiratete Söhne Amschel und Salomon zu Kriegszahlamtsagenten ernannte. Hatte der in London etablierte Sohn Nathan 1806 noch mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden, bevor es ihm gelang, eine Frau aus einer angesehenen Judenfamilie zu erhalten, so hatte Maier Amschel, nachdem er vom Landgrafen die bekannten 600.000 Pfund übernommen hatte, keine Schwierigkeiten mehr, drei Töchter in die reichen Judenfamilien Beyfuß und Sichel zu verheiraten. Die Witwe Maier Amschel, eine geborene Schnapper verkörperte bis 7. Mai 1849 die Familientradition.

Der in London etablierte Maier Nathan Rothschild, eine durchaus positive Natur, als Finanzmann ohne Bedenken auch unmoralische Handlungen zu begehen, welcher in den letzten Lebensjahren nie zu Bette ging, ohne eine geladene Pistole unter den Polster gesteckt zu haben, bezeichnete es als sein bestes Geschäft, als er mit den 800.000 Pfund, welche die Ostindische Kompagnie auf den Londoner Markt brachte, die portugiesische Expedition des Herzogs von Wellington ausrüstete. 1813/1814 nahm die englische Regierung seinen Plan an, die englischen Subsidien auf den Kontinent zu bringen. Die Verdienste bei Realisierung der englischen Subsidien waren der Grund, daß der österreichische Finanzminister Graf Philipp Stadion, nicht ohne Widerstreben des Kaisers Franz, den vier Brüder Rothschild, Amschel (Frankfurt), Salomon (Wien), Karl (Berlin, beziehentlich Neapel) und James (Paris), den österreichischen Adel erwirkte.

Als die Wiedereinsetzung der Bourbonen beschlossen war, streckte Nathan Maier Rothschild Ludwig XVIII., der aus England nach Paris reiste, im April 1814 in Wechseln 200.000 Pfund vor. Bei Wiederaufnahme der Feindseligkeiten 1815 stellte sich Nathan wieder dem Herzoge von Wellington zur Verfügung, als dieser Truppen in Belgien zusammenzog. Die Schlacht von Waterloo haben bekanntlich die Verbündeten gewonnen, die Rothschilds haben sie verdient.

Als im Jahre 1816 Salomon Maier v. Rothschild vermählt mit Karoline Stern, gemeinsam mit seinem Vetter Daniel Goldschmidt das Bankhaus in Wien errichtete, standen ihm vier große Geldinstitute hindernd im Wege: das gräfliche Haus Fries, die Firma Arnstein & Eskeles, das Haus Geymüller und das Haus Steiner. Salomon Maier Rothschild trat an die Stelle von Steiner, welcher sich gesättigt zurückzog. Größere Operationen führte Salomon Maier Rothschild mit dem Wiener Bankier David Parish durch, welcher 1817 in den österreichischen Freiherrnstand erhoben worden war. Durch Gentz, welchen er durch häufige Geschenke gewonnen hatte, verschaffte sich Salomon Maier Rothschild 1818 Zutritt zum Kongreß in Aachen, wo für Frankreich ein Verfahren ersonnen wurde, einen Rest der Kriegsentschädigung abzuschütteln. Bei dieser Gelegenheit kontrahierten Frankreich, Rußland, Österreich und Preußen größere Anleihen bei Rothschild. Mit Parish übernahm Salomon Maier Rotschild am 4. April 1820 ein österreichisches Lotterieanlehen von 48 Millionen Gulden, Gentz sorgte für sensationelle Reklame Amschel Maier Rothschild (Frankfurt) wurde bayerischer Konsul und Hofbankier, Nathan Maier Rothschild (London) österreichischer Konsul. Als 1821 ein Krach erfolgte, verquickte Gentz den Kurssturz mit der Revolution in Neapel, so daß das Publikum glauben mußte, es seien die Carbonari an allem schuld. Das Gesamthaus Rothschild verdiente 1821 sechs Millionen Gulden, jedes Haus also 1,2 Millionen Gulden. Nach Jahresfrist wurden alle fünf Brüder in den österreichischen Freiherrnstand erhoben, in Anerkennung der Mühen, welche, sie sich beim Beschaffen der Geldmittel zur Dämpfung der Revolution in Neapel gegeben hatten.

Nun fühlte sich Salomon Maier „Freiherr“ v. Rothschild finanziell wie sozial gekräftigt genug, gegen David Freiherrn v. Parish, seinen Hauptkonkurrenten auf dem Wiener Platze, Front zu machen. Im Jahre 1824, brach das Wiener Haus Fries zusammen. Im gleichen Jahre erwarb der Wiener Rothschild Salomon durch Kauf vom Olmützer Erzbischofe die Eisenwerke zu Witkowitz. Mit Benutzung einer Schuld Metternichs an David Parish wurde letzterer in die Donaugetrieben. 1827 erstand Salomon Rothschild vom Schottenkloster in Wien ein altes, baufälliges Haus in der Renngasse; da ein Jude nicht besitzfähig war, fungierte Adam Philipp Graf Losy v. Losenthal als Strohmann. Gegenüber lag das Palais Schönborn und das Haus des Erzbischofs von Erlau, Ladislaus Pyrker.

1831 konnte Metternich von Rothschild für Operationen gegen die belgische Revolution kein Geld mehr erlangen. Dagegen empfing Salomon Maier Rothschild am 4. März 1836 durch die zweite Gemahlin Metternichs die Urkunde, welche ihm das Privileg der Ferdinands-Nordbahn zu seinen Witkowitzer Eisenwerken erteilte, womit auch die Konkurrenz des Hauses Arnstein & Eskeles aus dem Felde geschlagen war. Im Jahre 1842 waren erst zwei Drittel des Baues bewältigt und doch war schon das ganze Geld verbraucht; die Aktien fielen von 1000 auf 648, obwohl man in Mähr⸗Ostrau auf Kohle gestoßen war. Salomon Rothschild wurde zum Ehrenbürger von Wien ernannt; er streckte vier Millionen vor, räumte der Regierung das Recht ein, die Strecke hinter Witkowitz als Staatsbahn zu bauen; die Aktionäre bequemten sich zu einem Zuschusse von 280 Gulden per Aktie. Die von Salomon Maier Rothschild erstrebte Aufnahme unter die mährischen Standesherren scheiterte dagegen ungeachtet eines Anbotes von 40.000 Gulden zur Errichtung einer polytechnischen Schule in Brünn an dem Widerstande von Baron Ludwig Pereira, welcher mit Gräfin Henriette Larisch vermählt war.

Durch die Fürstin Metternich kam Salomon Maier Rothschild in häufige Berührung mit dem ungarischen Hochadel. Diese Freundschaft forderte aber Opfer. Es schuldete ihm Paul Esterhazy 6,4, ein Graf Hunyady 0,3, ein Graf Niczky 0,34, Graf Sandor, Metternichs Schwiegersohn 0,67, ein Graf Szapary 0,3, Graf Stephan Czechenyi, “der größte Ungar“ und Metternichs Schwager, 1,8, ein Graf Biczay 0,7, zusammen 8,71 Millionen Gulden. Die Beziehungen haben auch nach dem Sturze Metternichs fortgedauert, so daß noch in den Sechziger⸗Jahren Damen der Häuser Metternich und Zichy Salomons Sohne Anselm nach seiner Witwerschaft, die Funktionen der Hausfrau versahen.

Auf anderem Wege als 1836 der Wiener Rothschild Salomon in den Besitz der österreichischen Kaiser Ferdinands⸗Nordbahn, ist der Pariser Rothschild James 1840 in den Besitz der französischen Nordbahn gelangt. Der dort eingeschlagene Weg war der Sturz des Ministeriums Thiers und die Verwendung von 15.000 Stück Aktien zur Beteiligung von Parlamentsmitgliedern und von 10.000 Stück Aktien für Journalisten. Die Rolle der Opposition, welche in Wien Pereira markiert hatte, markierte in Paris die Zeitung „National“. Um der Opposition Herr zu werden, demonstrierte James Rothschild eine Schwenkung zu Metternich und zu den Legetimisten. Im übrigen unterhielt James mit dem Bürgerministerium von allem Anfange an sehr innige Beziehungen; die entsprechend honorierten Minister vergaben an Anlehen: 1830 im Betrage von 80 Millionen Franken, 1831 von 120 und 1832 von 150 Millionen Franken. Später wurden die Summen noch größer.

Dem zweiten Regenten des Londoner Bankhauses Lionel Maier Rothschild ließen praktische Erwägungen ein Zusammengehen mit dem Whigs vorteilhafter erscheinen. 1839 verschaffte er seinem Bruder Maier einen Platz im englischen Unterhause, sein Bruder Anton heiratete 1840 eine Montefiore. Der bedeutungsvolle Sieg der Wighs am 3. Juli 1846, der das Ministerium Russel und hiemit auch Palmerston ans Ruder brachte, trug einem anderen Bruder Lionels, Nathaniel, die englische Baronetswürde ein. Nun hielt es Lionel für angezeigt, sich selbst 1847 um ein liberales Mandat im Unterhause zu bewerben. In das Jahr 1858 fiel in England die Emanzipation der Juden; nun trat Lionel tatsächlich in das Unterhaus ein. Lionels Bruder, Maier, hatte kein Verständnis mehr für die Mysterien der rabbinischen Orthodoxie. Maier Rothschild war damit das Vorbild des ältesten Sohnes des Wiener Barons Anselm, welcher wohl aus diesem Grunde testamentarisch die Stelle des Wiener Regenten seinem jüngeren Bruder Albert hat abtreten müssen.

Der Pariser Rothschild James beobachtete nach dem Sturze des Bürgerkönigs eine zuwartende Haltung; verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß er an der Konsolidierung des zweiten Kaiserreiches werktätig teilnahm. In seiner Eigenschaft als österreichischer Generalkonsul vermittelte der Londoner Rothschild Lionel 1852 eine Anleihe mit den Machthabern in Wien. Ob der gleichzeitige Chef des Wiener Hauses Salomon an dieser Anleihe teilgenommen hat, ist unbekannt. Am 4. März 1854 berichtet Herzog Ernst II. von Koburg aus einem Gespräch mit dem Londoner Rothschild Lionel, daß für einen Krieg gegen Rußland jede Summe zur Verfügung stehe. Es hat den Anschein, daß der Wiener Rothschild Salomon 1855 wegen des Krimkrieges die Reise nach Paris unternahm, welche seine Fahrt ins Jenseits werden sollte. Den Ereignissen von 1859 stand der gleichzeitige Wiener Chef Anselm apathisch gegenüber. In einer Großmutlaune übernahm 1863 den ungezeichnet gebliebenen Rest der vom Finanzminister Baron Bruck 1860 aufgelegten Anleihe von 200 Millionen. Aus der Katastrophe 1873 ging Anselm nicht nur unversehrt hervor, er hat das ererbte Vermögen vervielfacht.

Als 1884 der russische Botschafter Baron Mohrenheim den französisch-russischen Allianzvertrag abschloß und Bismarck kurz vorher sämtliche russische Papiere aus Deutschland abgeschoben hatte, nahm der Pariser Baron Alfons diese Werte unter seinen Schutz und es kam zu einer Milliardenanleihe, welche er für Rußland effektuierte. Strobl bringt mit diesem Geschäfte die Entstehung der geistigen Strömung des Antisemitismus in unmittelbaren Zusammenhang. Dem mag wie immer sein, jedenfalls heißt es diese geistige Strömung unterschätzen, wenn dieselbe zunächst durch Vermittlung des Königs von Sachsen ohne Erfolg, später durch das Ministerium Tisza mit Erfolg im Wege der Wiener Hoffähigkeit für Tochter und Schwiegersohn von Baron Alfons beschworen werden wollte.

Transkript: Werner Nosko

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